Samstag, 10. November 2012. Trotz schmuddeligem Wetter fanden sich viele Menschen am gestrigen Nachmittag am Kottbusser Tor in Berlin Kreuzberg ein. Ab halb fünf begannen die ersten Redebeiträge vom Lautsprecherwagen, die allesamt von Erfahrungen der Gentrifizierung in Berlin handelten. Eine Trommelgruppe war zu hören, einige bunte selbstgebastelte Schilder zu sehen. Hier und da standen Menschen mit Kameras herum, knipsten Fotos oder filmten das Geschehen. Im Hintergrund das "Haifisch-Haus", deren BewohnerInnen seit Mai diesen Jahres protestieren: Gegen die Kürzungen des sozialen Wohnungsbaus, gegen steigende Mieten und rassistische Verdrängung. Dazu haben sie das Gecekondu errichtet, einen Pavillion aus Brettern, der mittlerweile für die kälteren Jahreszeiten gewappnet und durch Glastüren verschließbar ist. Der Protest wird also weiter gehen, der Winter möge kommen. Das Gecekondu bleibt somit Ort für Treffen zwischen AnwohnerInnen und allen, die mitmachen, einfach quatschen, einen Tee trinken wollen, oder zwei, oder wissen wollen, was hier los ist.
Der Krach begann erst richtig, als die Redebeiträge vom Lautsprecherwagen endeten und sich die über 1000 Menschen in Bewegung setzten. Töpfe, Trommeln, Trompeten, mehrere mobile Anlagen, Trillerpfeiffen, Sprechchöre (Rauf mit den Löhnen, runter mit den Mieten), Klingeln und Hupen, Erinnerungen an vorausgegangene Lärmdemos, schrille Töne bis zum Kopfschmerz, Spaß, Sprachlosigkeit, Wut, Entschlossenheit und Selbstermächtigung: all das habe ich gehört. Und das beständige Prasseln des Regens, auf Regenschirmen, der Straße, auf meinem Körper. Es gab Spekulatius gegen Spekulation, viele wohlwollende Gesichter und Spaß beim Lärmen.
Die Proteste von Kotti&Co sind etwas Besonderes. Lärm machen kann jede, Probleme mit Mieten und Wohnraum in Berlin sind in aller Munde, weder Einzelfall noch Privatsache. Kotti&Co hat schon jetzt erreicht, dass sich auf dem Kotti und bei den Lärmdemos überraschend unterschiedliche Menschen mit weit gefächerten Erfahrungen treffen, inne halten, sich austauschen und gemeinsam über die Zukunft nachdenken. Das Selbstverständnis von Kotti&Co liest sich wie ein Manifest, das, wie die politische Praxis dort auch, Grenzen der thematischen Zuständigkeiten zwischen stadtpolitischen und antirassistischen Ansätzen verwischt und Lust auf die Zukunft macht.
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